Das war in allen Belangen ein bemerkenswerter Tag. Erst habe ich verschlafen und bin damit nach meinem (ausgiebigen) Fruehstueck als letzter Pilger aus der Herberge auf den Trail gekommen. Erich habe ich erst nach 10 km eingeholt. Er ist pensionierter Baenker aus Schwaben, 74 und auf dem Weg von Salamanka nach Santiago – Via del Luz. Der hat mir von einer Herberge erzaehlt, die von einem Geldknilch aus Schwaben finanziert und von einer schwaebischen Bruderschaft betreut wird. Selbiger Knilch hat bestimmt, dass jeder Pilger fuer lau aufgenommen wird, wenn er mindestens zwei Strophen eines typischen schwaebischen Liedes singen kann. Dank Herbert kann ich jetzt zwei Lieder mit allen Strophen. „Auf der schwaebsschen Eisenbahne…….“ und „Kehr ich einst zur Heimat wieder….“ auf jedenfall werde ich ueberpruefen, ob das mit dem „fuer lau“ stimmt!
Von Astorga steigt der Weg gemaechlich bis Rabanal auf 1160 m Hoehe an. In dieser letzten Station vor dem Anstieg zum Cruz de Ferro hat mich zunaechst Orgelmusik aus dem Eingang einer kleinen Kirche empfangen. Die Musik kam zwar aus der Konserve, passte aber ganz gut zur Stimmung und dem goldenen Innenraum. In einer Taverne habe ich mich dann erst einmal gestaerkt. An der Bar wartete Marc aus Flandern darauf, dass sich wieder einer findet, der ihm einen Vino tinto ausgibt. Marc kauderwelschte in Engliche, Spanisch, Deutsch und Flaemisch und es hat nicht lange gedauert und wir haben gemeinsam aus voller Kehle deutsche Volks- und Soldatenlieder gesungen. Die kannte er aus seiner Burschenschaftszeit.
Den folgenden Ritt zum hoechsten Punkt des Camino mit 1493 m habe ich mir schlimmer vorgestellt. Dank des Tainings der letzten 4 Wochen habe ich immer einen Gang zum runterschalten in der Reseve gehabt. Das Cruz de Ferro hat schon seine eigene Symbolkraft. Wer dort ankommt, hat Rund 500 km durch Spanien hinter sich und nur noch rund 250 km bis Santiago. Auf meinem Tacho standen genau 2289 km – von Munster an gemessen. Unter diesem Kreuz habe ich dann eine fuer Pilger ganz wichtige Handlung vorgenommen. Ich habe den Stein, den Isa mir aus ihrer Steinesammlung ausgesucht und mitgegeben hat abgelegt. Das soll auch symbolisieren, das man eine Last, die man die ganze Zeit mit sich geschleppt hat, ablegen kann. Ich habe Isa versprochen, ihr einen Stein vom Ende der Welt mitzubringen. Ich hoffe instaendig, dass ich es bis Fines Terre schaffe und das Versprechen halten kann.
In Molinaseco habe ich eine etwas rustikale Herberge gefunden. Die Huette war gut belegt, irgendwie hatten sich mindestetens sechs Japaner eingefunden, die aber lautlos in den Betten verschwunden sind. Zu spaeter Stunde habe ich noch mit Spaniern zusammengesessen und wir haben in babylonischer Sprachenvielfalt eine tolle Unterhaltung am Kamin gehabt.