Die Nacht habe ich mir einen Schlafraum mit einem franzoesischen Wanderer, gute 70 Jahre alt, geteilt. Weil ich hoeflich sein wollte, habe ich mir keinen Wecker gestellt. Auf diese Weise bin ich zu 9,5 Stunden Schlaf gekommen – hat auch was! Zum Fruestueck habe ich mir 6 Eier gekocht, man muss ja bei Kraeften bleiben – 2 gegessen, 2 als Wegzehrung und 2 hat Ermand, mein Bettnachbar bekommen.
Streckenmaesig wurde ich heute fuer die Quaelerei der letzten Tage entschaedigt. Die 6 Kilometer zum Col d’Aubrac auf 1349 Metern waren eher leicht, danach war alles anders! 24 Kilometer immer abwaerts, dabei kliometerlang mit 8% Gefaelle. Ausnahmsweise war da der Gegenwind willkommen, der hat die Bremsen geschont und ich musste nur zwei mal eine Pause einlegen, um meiene Haende vom Bremsen zu entlasten. Auf der Passhoehe habe ich erst einmal die dicke Jacke, die dicken Handschuhe und die Wetterjacke angezogen. Bei den Temperaturen und der Wolkensuppe ein Muss. Kurz vor dem Ende der Talfahrt habe ich alles wieder auf Sommer umgebaut und bin dann entlang der Lot weiter gefahren. Auch die naechsten 60 km waren ein einziges Vergnuegen. Immer dem Niveau des Lot folgend bin ich ohne Anstrengung, mit einem kleinen Schauer, den ich in einer Bar abgewartet habe, zum Tagesziel in Conques gelangt.
Conques ist ein nationales Heiligtum der Franzosen, das etwas abseits des Lottales liegt, und wenn ich gestern nicht den Wanderfuehrer studiert haette, waere ich glatt vorbeigefahren. Natuerlich kann man nicht erwarten, dass ein mittelalterliches Kloster im Tal liegt. Der Weg dahin bringt einen dem Himmel schon naeher! Aufgenommen wurde ich in einenem Hospitz von freundlichen Hollaendern, auch wieder ehrenamtliche Helfer und untergebracht in einem Gemeischaftsschlafraum – langsam gewoehne ich mich daran. Abendessen gab es fuehr ungefaehr 50 Gaeste. Suppe, kalte Platte, Kaese, Obst, Wasser und Wein, eine runde Sache!
Anschliessend wurde zur Messe und zum Pilgersegen eingeladen. Ich durfte auch einen kleinen Beitrag leisten und einen Text in deutsch aus Apocalypse 22 vorlesen. Irgendwie ist es schon ein besonderes Gefuehl, in einem so alterhrwuertigem Gemaeuer zu stehen.